Die Botschaft des Paderborner Wanderaltars
Zweiseitig schaut das Menschen-Ich.
Nach außen und zerteilet sich
In Wissenschaft und Religion.
Nach innen und erkennet sich
Als Einheit mit dem Gottessohn.
Liebe interessierte Leser,
mit den folgenden Ausführungen möchte ich Sie an die Botschaft des Paderborner Wanderaltars heranführen. Denn das Wort der Erklärung gehört ebenso zu dem Altar, wie die bildliche Darstellung, die ich
gewählt habe. Schon seit vielen Jahren beschäftige ich mich mit der Botschaft, die sich mir aus der geografischen Lage von Paderborn ergab. Und es war mir ein tiefes Herzensbedürfnis diese Botschaft
nun in Wort und Bild zu bringen. Die Botschaft Paderborns liegt in dem Ruf an den Menschen: Erkenne dich selbst in deinem Zwiespalt zwischen der Naturanschauung und der Religion, zwischen der Materie
und dem Geist und zwischen dem Licht und der Finsternis. Kurz gesagt: Überwinde das Trennende zwischen der Naturwissenschaft und dem Glauben zum Heil des Menschen und der Menschlichkeit.
Aber gehen wir Schritt für Schritt, um uns diesem Ziel zu nähern. Und beginnen wir mit dem Blick auf unser eigenes Leben. Wir betreten dieses Erdenleben als kleines Kind, welches noch nichts von Gut
und Böse und von Licht und Finsternis weiß, sondern welches sich noch als eine Einheit von Körper und Geist empfindet. Ja, wir alle lieben die Kinder wegen dieser Einheit und wegen ihrer göttlichen
Reinheit und Unschuld. Und wir alle sind einmal Kind gewesen. Aber wir spüren auch alle - mehr oder weniger schmerzlich -, dass wir im Laufe des Älterwerdens diese Unschuld und Reinheit verlieren.
Als Kind, also als Kleinkind, so bis zum dritten Lebensjahr, unterscheiden wir noch nicht zwischen einer äußeren Natur und einem inneren Glauben. Für uns ist die Welt in diesem Alter noch eine
Einheit, die sowohl Gott wie auch Natur sein könnte. Das Differenzieren wird uns erst im Älterwerden gelehrt. Da lernen wir, dass es eine äußere seelenlose Natur gibt, die von der Naturwissenschaft
erforscht wird und einen inneren Glauben, den man Religion nennt. Wir lernen also einerseits das götterfremde Denken an den Atomgesetzen der Natur und andererseits den Glauben an Gott aus der
Religion. Aber wir bemerken auch den Riss, der sich zwischen diesen beiden Welten auftut.
Mit dieser Problematik beginnt der Paderborner Wanderaltar seine Erzählung. Er zeigt uns auf dem Vorhangsbild den Abgrund, der die Naturwissenschaft von der Religion trennt. Links von dem Abgrund,
über dem der Mensch steht, sehen wir die Wewelsburg und rechts davon die Externsteine. Die Wewelsburg befindet sich südwestlich von Paderborn und die Externsteine nordöstlich. Und wer sein Leben in
der Region von Paderborn verbracht hat, der wird bestimmt auf die eine oder andere Art mit diesen beiden Orten in Berührung gekommen sein. Die Wewelsburg ist ein Bergschloss und eine der wenigen
Dreiecksburgen Deutschlands. Sie gehört zu der Stadt Büren (Kreis Paderborn) und liegt in einem Stadtteil von Wewelsburg. Sie ist ein beeindruckendes Bauwerk, und doch geht von ihr etwas Unheimliches
und Düsteres aus. Und das liegt nicht zuletzt an der Tatsache, dass Himmler sie im Dritten Reich für seine schwarzmagischen Künste missbrauchte. Allein diese Tatsache aber lässt sie uns als Beispiel
für eine seelenlose Anschauung der Natur und des Menschen wählen.
Ganz entgegengesetzt erleben wir die Externsteine auf der anderen Seite von Paderborn. Sie sind eine markante Sandstein-Felsformation und liegen im Kreis Lippe im Teutoburger-Wald. Sie befinden sich
etwa genau so weit von Paderborn entfernt wie die Wewelsburg. Und doch geben sie uns durch ihre Vergangenheit ein ganz anderes Bild. Nähern wir uns diesen Felsen, so bekommen wir wie
selbstverständlich eine innere Hochachtung und Demut vor dem, was die alten Eingeweihten dort einmal erlebt haben. Denn die Externsteine waren eine alte vorchristliche Einweihungsstätte und ein
Großteil der Kultur Europas ist von diesem Einweihungszentrum ausgegangen. Somit sollen uns die Externsteine hier als Beispiel dafür dienen, dass der Mensch seine inneren, also religiösen Werte,
einst aus Götteroffenbarungen bekam.
Paderborn mit seinen Paderquellen aber, das genau in der Mitte liegt, soll uns ein Beispiel für den Ausgleich dieser beiden Extreme sein. In ihm ist man durch das Christentum bemüht, die Natur mit
Gott und Gott mit der Natur wiederum zu verbinden. Und tatsächlich wurde der Altar fast genau in der Mitte zwischen der Wewelsburg und den Externsteinen, also in Paderborn gemalt.
Mit ihm möchte ich, ausgehend von diesem Ort und beispielhaft für die ganze Welt, die aktuelle Problematik der menschlichen Seele darstellen. Und diese menschliche Seele lebt heute - wie es uns die Region Paderborns geografisch zeigt - in der Spannung zwischen der Naturwissenschaft und der Religion. Wir akzeptieren mit vollem Herzen das, was uns die Naturwissenschaft über die Entstehung der Welt sagt, also über den seelenlosen Urknall und lieben gleichzeitig die Offenbarung des Glaubens, der uns von der Schöpfungsgeschichte Gottes erzählt. Aber wir fühlen auch ganz deutlich den Riss zwischen diesen Welten.
Über diesem Riss, oder wie gesagt Abgrund, steht der Mensch, wie er sich uns auf dem Vorhangsbild des Paderborner Wanderaltars zeigt. Er hält ein Schwert in seiner Rechten. Aber nicht so, dass er
es zum Kampfe führt, sondern so, dass er es beruhigt. Es ist das Bild für die Kraft des Geistes, der, an der Naturwissenschaft geschult, sich selbst im Zaume hält. Und die linke Faust über seinem
Herzen zeigt uns die Kraft des Glaubens, die sich in der Realität des Herzempfindens und im Gleichgewicht mit der Wissenschaft befindet. Diese Haltung geziemt einem Menschen der an der
Wahrnehmung des Grabens, der sich zwischen der Naturwissenschaft und der Religion befindet, nicht verzweifelt, sondern den Mut zum „Erkenne dich selbst" beweist.
Aus diesem: „Erkenne dich selbst" erwächst dem Menschen das Bedürfnis die verlorene Einheit in Gott wiederzufinden, und es erwächst ihm der Mut, sich dieser Einheit zu nähern. Das ist die
notwendige Voraussetzung etwas in sich selbst zu erkennen, das dem Menschen bis dahin unsichtbar bleiben musste. Es ist die verloren gegangene Reinheit und Einheit des Kindes, die er einstmals
besaß. Der Mensch, der sich so hält, empfindet plötzlich eine Kraft, die nicht allein aus seinem Alltag stammen kann. Er merkt, dass sich in seinem Inneren etwas befindet, das ihm hinter diesen
zwei Welten, der Welt der Naturanschauung und der Welt des Glaubens, bewahrt geblieben ist.
Wollen wir uns das, was da geschieht, bevor wir weitergehen, noch einmal an einem Sinnbild veranschaulichen. Wir schauen auf ein Glas Wasser, in welchem viel Materie gelöst ist. Dieses Wasser ist
vielleicht ein wenig trüb, aber es ist eine Einheit in sich. Und nun stellen wir uns vor, dass sich aus dem Wasser die gelöste Materie aussondert und am Boden absetzt. Dadurch bildet sich ein Satz im
unteren Teil des Glases und eine Verdünnung des Wassers im oberen Teil desselben. Durch diese Verdünnung des Wassers fällt aber auch mehr Licht in das Wasser ein und erhellt es von oben her. Nun
haben wir die Dunkelheit der Materie unten und die Helligkeit oben. Damit versinnbildlichen wir uns den Menschen, der die Stoffe der Natur zu seinen Füßen liegen hat und das Licht aus dem Weltraum
empfängt. Die ausgesonderten Stoffe untersucht er nun mit der Naturwissenschaft und das Licht des Himmels wird ihm zum Glaube an Gott. Aber etwas hat er vergessen. Er hat das Wasser vergessen, er hat
sich in der Wahrnehmung der komplementären Welten, die er erlebt, selbst vergessen. Und der Mensch auf dem Vorhangsbilde, der sich nicht von der Materie fesseln lässt und nicht im Licht verliert,
obgleich sie sich wie wild um ihn herum gebärden, er beginnt diese Substanz des Wassers wiederum zu fühlen und ist damit in der Lage, sich selbst in seiner Einheit neu zu erleben.
Aber damit geschieht etwas für den Menschen höchst Überraschendes: Er erlebt nicht mehr nur sich selbst, sondern es öffnet sich ihm der Vorhang auf die erste Stufe der geistigen Welt und er schaut
auf das nächste Bild des Paderborner Wanderaltars, er schaut auf den Erzengel Michael.
Und plötzlich versteht er, was die großen Künstler und die alten Schriften mit diesem Bilde haben sagen wollen. Dieser Michael nämlich ist eine Wesenheit, die im tiefsten Sinne mit des Menschen
Seele verwandt ist. Er offenbart ihm das wahre Geheimnis der Trennung von Materie und Geist. Und das Geheimnis dieser Trennung, so sieht er jetzt, liegt darin, dass sich der Mensch, dadurch,
dass er den Blick auf sich selbst und auf seinen Engel verloren hatte, mit der aus seinem eigenen Wesen herausgefallenen Materie identifizierte. Zwar wurde ihm zum Schutz vor der völligen Vernichtung
die Religion von der anderen Seite her gereicht, doch hatte er seine eigene Mitte verloren. Aus seiner Kindheit heraus, in welcher der Mensch noch die göttliche Einheit lebte, und in der er noch vom
Erzengel Michael getragen wurde, fiel er in die Logik der Materie. Und diese Logik sagte ihm dann nach und nach, dass er selbst in seinem Ich ein Produkt der Materie sei. Das zerstörte ihm den Blick
auf das göttliche Sein. Aber jetzt hat er sich herausgerungen und schaut auf sich selbst und auf Michael und damit auf das, was ihn einst getragen hat und weiter tragen soll. Im lebendigen
Erkennen der Welt hat er sich selbst gefunden.
Das ist die unglaubliche Dramatik, die der erkennende Mensch jetzt erfährt, denn er sieht mit seinen eigenen geistigen Augen, das kosmisch lebendige Denken des Erzengels Michael, das dieser der
Erdenlogik, die sich als geblendetes Wesen vor ihm verschließt, entgegenhält. Und er sieht den ungeheueren Irrtum, der dem Menschen aus der Materie und der ungeistigen Erdenlogik erwächst. Not,
Leid und Grausamkeit sind die Folge.
Das sieht er jetzt in dem Wesen, dem der Erzengel Michael das Schwert der Erkenntnis des Göttlichen entgegenhält. Dabei schaut der Engel dieses Wesen nicht an und lässt sich auch auf keinen Kampf mit ihm ein, denn dieses Wesen wird sich selbst richten. Stattdessen schaut der Engel auf den jetzt frei gewordenen Menschen, der sich in der Freiheit und im Blick auf ihn gefunden hat. Ihm weist er die Wahrheit des Übersinnlichen und gibt ihm die Kraft sich im Gleichgewicht zwischen der Wissenschaft und dem Glauben zu halten: „Erkenne dich selbst", ruft er ihm zu: Erkenne dich selbst als ein Geschöpf Gottes, das sich in seinem Wesen neu und für die Ewigkeit gefunden hat". In Gold und Silber schimmert sein Kleid und sein Haupt ruht in den Weiten der Sterne.
Das ist der Blick des Michael, der Blick dessen: "der ist wie Gott", denn so lautet die Übersetzung seines Namens. Michael steht vor Gott und ist seine rechte Hand, und wer Gott schaun will, muss durch Michael auf ihn schauen.
Doch wenn der Mensch ihn jetzt bittet, ihn zur Gotteskindschaft zurückzuführen, so fordert er vom Menschen Weisheit und Liebe: „Ich kann dir den Mut und die Freiheit geben", so sagt er zu ihm: „doch Weisheit und Liebe musst du dir selbst erringen". Und wenn der Mensch ihn fragt, wo er diese finden kann, so führt ihn der Engel wiederum zurück auf die Erde und zum nächsten Bild des Altars, zum Weihnachtsbild.
Und dort auf diesem Weihnachtsbilde sind dann zwei Heilige Familien zu sehen. Eine für die Weisheit und eine für die Liebe. Denn die Weisheit und die Liebe, sie sind seit der Geburt des Jesus
Christus auf Erden, und damit im Herzen des Menschen zu finden.
Es sind zwei Familien auf diesem Bilde zu sehen, weil hier, einer alten Darstellungsweise entsprechend, beide Bibelgeschichten von der Geburt des Jesus von Nazareth nebeneinander dargestellt sind.
Auf der linken Seite des Mittelbildes ist die Heilige Familie zu sehen, wie sie uns der Evangelist Lukas schildert, und rechts daneben erscheint die Heilige Familie, wie sie uns der Evangelist
Matthäus darstellt.
Zu der Lukas-Familie kommen die Hirten und zu der Matthäus-Familie die Könige. Diese Aufteilung ist am besten geeignet, die damals geschehene Durchdringung des Menschen mit der Gotteskindschaft zu
zeigen. Denn das Kindlich-Göttliche verband sich sowohl der Naturanschauung der Hirten, die aus ihrem warmen Herzen heraus die Liebe der Schöpfung in diesem Kinde sahen, wie auch der
Geistesanschauung der Weisen aus dem Morgenlande, die aus ihrem lichten Denken heraus die Weisheit der Glaubenskräfte in ihm fanden.
Das heißt, dass die Verbindung von Naturwissenschaft und Religion erst dann richtig vollzogen werden kann, wenn sich beide Seiten, also das Herz und das Haupt des Menschen, in der
kosmisch-kindlichen Einheit finden. Denn das einheitlich Göttliche ist in seinem Ursprung kindlich geblieben. Es hat die intellektuelle Trennung in Naturwissenschaft und Religion nicht mitgemacht.
Und durch Michael geführt steht der Mensch nun vor der Offenbarung dieses großen Geheimnisses. Und er sieht, dass er in seinem Herzen ein Hirte der Liebe und in seinem Haupte ein König der
Weisheit werden muss, um sich der Einheit wiederum zu nähern. Die damaligen Hirten und Könige haben in Vertretung der gesamten Menschheit dieses göttliche Kind empfangen und wir müssen ihnen tief
dankbar sein. Denn eine Kraft, die zu den Menschen kommt, muss auch empfangen werden, um für die Zukunft wirksam zu sein.
So kann sie heute ein jeder Mensch finden, um Liebe und Weisheit zu erringen. Doch wenn er das nun nicht nur schauen sonder auch erleben will, so steht er vor der größten Herausforderung seines
Menschseins überhaupt. Denn jetzt darf er die Weisheit und Liebe nicht nur fühlen und verehren, sondern jetzt muss er sie sich für sein Wollen erobern. Er muss selbst durch den Tod und die
Auferstehung gehen. Er muss das, was ihn auch heute noch von der göttlichen Kindheit trennt, und was weder zu der Liebe der Hirten noch zu der Weisheit der Könige gehört, also das, was ihn an die
Erde in Unverständnis und Irrtum fesselt, endgültig und im eigenen Sein überwinden.
Und da öffnet sich das letzte Bild des Altars und es erscheint auf dem linken Seitenflügel die Kreuzigung über der Verfinsterung der Sonne und auf dem rechten Seitenflügel die Auferstehung bzw.
Himmelfahrt über der Verfinsterung des Mondes.
Diese beiden Bilder sind einerseits für das naturalistische Denken und andererseits für die Glaubenskräfte des Menschen schwer zu ertragen. Denn die Kreuzigung auf Golgatha ist, wenn wir sie nur
unbefangen genug sehen, tatsächlich eine Überwindung der einseitigen Naturwissenschaft, und die Himmelfahrt auf der anderen Seite ist ein wahrer Weltuntergang für den Glauben. Ja, für die
Naturwissenschaft, die nur auf die Erhaltung des Stoffes zählt, versinkt alles, was ihr heilig ist bei der Kreuzigung in einer vollkommenen Sinnlosigkeit und die Sonne ihrer Welt verfinstert sich.
Und für die gläubige Seele, die das Heil anhand des Auferstandenen zu finden sucht, entschwindet das Heil in den Wolken an Himmelfahrt und Dunkelheit breitet sich über sie aus. Die größte
Einsamkeit und die größte Finsternis leben in einem Menschen, der solches erlebt.
Doch dann, wenn dieses Erleben nur wirklich tief genug ist, verbindet sich, Segen spendend, die göttliche Einheit in Form des Heiligen Geistes mit dem Menschen. Und damit offenbaren sich auch die
reinen Kräfte von Sonne und Mond. Liebe und Weisheit erscheinen als Einheit vor dem Menschen in Sonne und Mond, die uns von den zwei Engeln aus dem Weihnachtsbilde herübergetragen wurden. Und
sie bilden jetzt, trotz ihrer Einheit, keine Finsternisse mehr, sondern sie ruhen in Frieden ineinander und zeigen dem Menschen die Einheit von Materie und Geist, von Erscheinung und Idee und von
Wissenschaft und Religion. Natur und Gott zeigen sich für die Augen des Menschen in ihrer unzertrennlichen Einheit unter der allwaltenden Hoheit des Ewigen Seins. Sie zeigen sich in der Einheit, wie
sie noch vor der Trennung der Welten vorhanden war und wie sie in Zukunft wiederum sein wird.
So sieht der Mensch jetzt die Liebe und die Weisheit als Ursprung und als Ziel der Welt. Er sieht in das Entstehen und das Werden der Welt in welchem ihm der Schöpfer, ebenso wie das Geschöpf, eine
Gewissheit ist. So wie uns der Uhrmacher, den wir bei seinem Werke beobachten, Gewissheit ist. So kniet er vor dem Tor der Ewigkeit und weiß in seinem nun erleuchteten Herzen, dass ihn die Liebe und
die Weisheit des Weihnachtskindes zu dieser Anschauung führten. Durch Liebe und Weisheit hindurch inkarniert sich nun in seiner Seele der Strahl des Heiligen Geistes, und ein neuer Blick auf die Welt
tut sich auf.
Ja, Liebe und Weisheit führen den Menschen zum geistigen Blick auf die Ewigkeit. Denn es ist die Ewigkeit, auf die er nun schaut. Einmal im Blick auf Sonne und Mond, die ihn aus der Ewigkeit
heraus ins Leben führten, und zum anderen im Blick auf den Stern des Christus, der ihm im leuchtenden Weltenkreuz erscheint und der ihn am Ende seines Lebens wiederum aus dem Leben heraus und in die
Ewigkeit hineinführen wird. Auf diese Einheit schaut er jetzt und weiß, indem er gleichzeitig wie in sein eigenes Herz hineinschaut, dass er diesen Blick auf die Einheit in der Ewigkeit immer schon
sein "Ich" genannt hat. Er hat es immer dann "Ich" genannt, wenn er nach vorne in die Welt hinein schaute. Aber er erkannte es nicht. Ja, wenn er durch seine Erdenaugen in die Welt hinein schaute,
dann nannte er es "Ich" und stand im Zwiespalt zwischen der Naturwissenschaft und der Religion, oder auch zwischen Geist und Materie, wie es uns das Vorhangsbild anhand der Wewelsburg und der
Externsteine zeigte. Jetzt aber hat er sich in sich selbst umgewendet und schaut in sein eigenes "Ich" zurück. Jetzt erkennt er es. Und da sieht er, dass das, was er bis dahin „Ich" nannte, ein
Strahl der Ewigkeit in der Einheit seines Wesen ist. Er schaut rückwärts nach vorne auf dieses Licht und sagt sich: Nicht Ich, sondern die Ewigkeit in mir. Aus dem Dualismus der Welt ist der Monismus
im Geiste geworden. Christus hat uns durch seinen Tod und seine Auferstehung diesen Monismus, diese Einheit in der Ewigkeit neu errungen. Und damit haben wir das gefunden, was der Mensch auf dem
Vorhangsbilde erst ganz zart als seine eigene Wesenheit in seinem Inneren fühlte: die Gewissheit seines geistigen Ursprunges.
Das lässt sich nicht diskutieren, da jede Diskussion mit dem Erden-Ich im Blick auf den Dualismus geführt wird. Es lässt sich nur erleben im Blick auf die Einheit im Menschen. Wer diese Einheit
leugnet, benimmt sich so, wie sich unsere Augen benehmen würden, wenn sie das einheitliche Gehirn hinter sich leugneten.
Damit ist die Forderung nach der Verbindung von Naturwissenschaft und Religion erfüllt. Und konsequenterweise muss dann auf dem Altar, da er die Trennung auf dem Vorhangsbilde anhand der Region von
Paderborn zeigte, jetzt auch Paderborn erscheinen. Zwischen dem Dom und dem Rathaus von Paderborn - als Bild für die gegenseitige Befruchtung von Naturwissenschaft und Religion -, und im
Angesicht der kosmischen Einheit von Vater, Sohn und dem Heiligen Geist, der jetzt im Menschen ruht, sehen wir repräsentativ für die ganze Welt das Erfassen der Zukunft in der Erkenntnis, dass die
äußere Natur und deren göttliche Idee eine tatsächliche Einheit sind. Wir sehen, dass die Natur Moralität besitzt, und dass die Moralität die Kraft hat, Natur zu schaffen. Natur und
Gott, Gott und Natur werden so aufs Neue durch den Menschen vereint. Die neue Gotteskindschaft ist erreicht. Denn es ist wie eine Befruchtung und eine Geburt im Inneren des Menschen, wenn die
Liebe, die aus der Naturanschauung entbunden wurde, sich mit der Weisheit die im Geiste reifte verbindet und den Heiligen Geist empfängt. Dann wird der Forschungstisch zum Altar, und der Glaube
wird zur inneren Wissenschaft des Heiligen Geistes. Das ist die Frucht der Verbindung von Liebe und Weisheit und von Natur und Gott. Wir sehen jetzt, dass die Welt aus dem Geiste heraus entstanden
ist und nach ihrem Tode wiederum ins Geistige zurückkehrt. So wie die Nuss aus der Idee des Nussbaumes heraus entstanden ist und sich nach ihrem Tode als neuer Nussbaum zeigt. Und im Angesicht dieser
Tatsache bekommen dann auch unsere Handlungen - wenn wir bei unseren Handlungen gleichzeitig in unser Herz hineinschauen - eine ganz neue Dimension der Verantwortlichkeit. Denn das, was wir aus
der einheitlichen Verbindung des Ewigen Geistes heraus schaffen, hinterlässt seine realen Spuren in der Welt, so wie die Welt selbst die reale Spur Gottes ist.
Und somit können wir am Ende sagen: Zu einer Gesundung der Welt und des Menschen trägt der Blick auf die Einheit von Naturwissenschaft und Religion bei. Denn die Trennung liegt allein in des
Menschen Wahrnehmung, und wenn er sich umwendet und auf die Einheit schaut, während er gleichzeitig in die Welt hinein schaut, so strahlt ihm aus dieser Quelle die Liebe und die
Weisheit einer göttlichen Welt. Und im Empfangen dieser Erkenntnis empfindet er das Kommen des Heiligen Geistes und damit einhergehend eine tiefe Verantwortung für eine bessere und
menschlichere Welt. Denn es wird nur das in Zukunft heilsam sein, was aus Liebe und Weisheit und im Blick auf die Einheitt von Natur und Gott für die Menschheit und die Menschlichkeit - und
damit für die Barmherzigkeit - getan wird.
Das ist die Botschaft des Paderborner Wanderaltars - und der Paderquellen.
Ihr Siegfried Ahlborn
(Gerne bin ich auch zu weiteren Ausführungen über den Altar innerhalb eines Vortrages bereit. Bei Interesse melden Sie sich bitte unter: info@paderborner-wanderaltar.de oder unter der Tel. Nr. 0171/5416176)
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